In den letzten 300 Jahren hat sich das Verkehrswesen und die damit verbundenen Transportmöglichkeiten immer wieder neu erfunden und damit die Welt verändert. Das Kanalnetz, der Schienenbau, die ersten Schiffe mit Dampfantrieb, die Einführung von Benzin- und Diesel-Verbrennungsmotoren bei Autos und das Fliegen sind nur einige der bahnbrechenden Entwicklungen.
Jede dieser Innovationen hatte enorme Auswirkungen auf die Funktions-weise unserer Volkswirtschaften. Bessere Verkehrsverbindungen waren für rund 20% der Produktivitätssteigerungen im Zuge der industriellen Revolution in Großbritannien verantwortlich.1
Weiterentwicklungen bauten immer wieder auf bereits bestehenden Vor-gängern auf. Zwischen den 1950er und den frühen 2000er Jahren wurde das Luftfrachtvolumen im Vergleich zum Seefrachtvolumen um das 2,5-fache günstiger, da der Transport per Luftfracht schneller und bezahlbarer wurde (Luftfrachtkosten sind im selben Zeitraum um mehr als 90% gesunken).2
Diese neuen Technologien erschufen nicht nur neue Möglichkeiten – oft-mals zerstörten sie auch alte Industrien. Ein Beispiel hierfür ist wohl die Ersetzung des Pferdefuhrwerks in kürzester Zeit durch motorisierte Fahr-zeuge. Es gibt gute Gründe dafür, dass einige Anleger den Ausdruck „in einen Hersteller von Pferdepeitschen investieren" als klassisches Beispiel für die Investition in einen dem Untergang geweihten Markt verwenden. Heute blicken wir einer neuen Revolution entgegen, die den Verbrennungs-motor ebenso obsolet machen könnte wie einst die Pferdepeitsche.
1 Quelle: Gregory Clark, 2014, The Industrial Revolution, 2 Quelle: Hummels, D. (2007). Transportation costs and international trade in the second era of globalization. The Journal of Economic Perspectives, 21 (3), 131- 154, zitiert in World Intellectual Property Organization, 2015, Breakthrough Innovation and Economic Growth
Der Klimawandel zwingt die Menschheit dazu, auf Technologien mit geringeren Treibhausgas-emissionen umzusteigen. Gleich-zeitig führt die voranschreitende Urbanisierung zu einer höheren Bevölkerungsdichte, mehr Verkehrsstaus und einer größeren Luftverschmutzung und Lärmbelastung in Städten rund um den Globus, wodurch der Bedarf an umweltfreundlicheren und ge-räuschärmeren Fahrzeugen steigt.
Dies lässt auf eine vielversprechen-de Zukunft für Elektrofahrzeuge schließen. Analysten bei Bloomberg New Energy Finance gehen davon aus, dass bis 2040 fast 60% aller Pkw-Verkäufe auf Elektrofahrzeuge entfallen werden.1 Sie prognostizieren, dass bis dahin bis zu 500 Millionen Elektrofahrzeuge auf den Straßen unterwegs sein werden2 – 2018 waren es noch etwa 5 Millionen.3
Möglich wird dies durch einen technologischen Durchbruch bei der Herstellung von leistungsstärkeren und günstigeren Akkus. Die Preise für Lithium-Ionen-Akkus sind in den letzten zehn Jahren rapide gefallen und werden voraussichtlich weiter zurückgehen, von rund 176 $/kWh im Jahr 2018 auf prognostizierte 62 $/kWh bis 2030.3
Dieser Trend hat zur Folge, dass die über die gesamte Lebensdauer anfallenden Kosten für Elektro-fahrzeuge bis Mitte der 2020er Jahre im Vergleich zu Fahrzeugen mit Benzinmotor durchaus wett-bewerbsfähig sein sollten – der noch immer höhere Anschaffungs-preis wird durch geringere Kosten für Antriebsenergie und Wartung ausgeglichen.
des Umsatzes aus dem Vertrieb von Pkws entfällt bis 2040 voraussichtlich auf Elektroautos.1
Millionen Elektroautos1 werden bis 2040 Einzug auf unseren Straßen halten. 2018 waren es gerade mal 5.2
1 Quelle: Bloomberg NEF, Electric Vehicle Outlook 2019. 2 Quelle: International Energy Agency, Mai 2019, https://www.iea.org/publications/reports/globalevoutlook2019/ 3 Quelle: Bloomberg New Energy Finance, März 2019
1 Quelle: BloombergNEF, März 2019
Eine der größten Barrieren für Elektrofahrzeuge sind die begrenzten Lademöglichkeiten und -kapazitäten. Weitsichtige Regierungen und lokale Behörden arbeiten am Ausbau des Netzes an Ladestationen. Die Einführung moderner Ladestationen beschleunigt den Ladevorgang, der dann nur noch Minuten anstatt Stunden dauern wird. In der Zukunft könnte es möglich sein, die Akkus durch kabelloses Laden während der Fahrt aufzuladen – mit Hilfe von integrierten Ladekontakten auf Straßen und Autobahnen.
Schwellenländer werden bei vielen Megatrends eine zentrale Rolle spielen – Elektrofahrzeuge sind hier keine Ausnahme.
China ist schon jetzt der größte Markt für Elektrofahrzeuge1 und führend, was die Ladeinfrastruktur anbelangt. Das Reich der Mitte setzt sowohl auf Subventionen als auch auf Geldbußen, um die Produktion und den Absatz von Elektrofahrzeugen voranzutreiben. China und Indien sind heute die größten Abnehmer von zwei- und dreirädrigen Elektrofahrzeugen, einschließlich Motorrädern, deren Anzahl sich bereits auf mehr als 300 Millionen Stück beläuft.2
1 Quelle: Bloomberg New Economy Finance, Electric Vehicle Outlook 2019 2 Quelle: International Energy Agency, Mai 2019
Der Umstieg auf Elektrofahrzeuge wird jedoch nur eine der bedeutenden Veränderungen im Verkehrswesen sein. Sharing Economy-Trends, wie Car-Sharing, Car-Pooling (Fahrgemeinschaften) und Ride-Sharing (Mitfahr-dienste) machen unser Verkehrssystem schon jetzt effizienter. Prognosen zufolge soll der Shared-Mobility-Sektor bis 2025 jährlich um fast 20% wachsen.1
Experten gehen davon aus, dass traditionelle Taxis in Zukunft durch autonome On-Demand-Fahrdienste (oder „Robo-Taxis“) verdrängt werden. Analysten von McKinsey zufolge werden sich die Unterhalts-kosten dieser Fahrzeuge in zu-nehmendem Maße denen eines privaten Pkws annähern2, sodass der Besitz eines eigenen Autos künftig nicht mehr so wichtig sein wird.
Autonome Fahrzeuge auf Level 4 – die bestimmte Verkehrsszenarien ohne jegliches Eingreifen des Fahrers bewältigen können – werden voraussichtlich Mitte der 2020er Jahre verfügbar und ab den 2030er Jahren weit verbreitet sein. Die Nachfrage könnte dann bei 55-60 Millionen Fahrzeugen pro Jahr liegen.3
1 Quelle: ResearchAndMarkets.com, Dezember 2018, Ride Sharing Market by Type (E-hailing, Station-Based, Car Sharing & Rental), Car Sharing (P2P, Corporate), Service (Navigation, Payment, Information), Micro-Mobility (Bicycle, Scooter), Vehicle Type, and Region - Global Forecast to 2025 2 Quelle: An Integrated Perspective on the Future of Mobility, Part 3: Setting the Direction Toward Seamless Mobility, McKinsey Centre for Seamless Mobility, 2019. 3 Quelle:The Future of Mobility, McKinsey 2016
1 Alle der Grafik zugrunde liegenden Autos sind batteriebetriebene Elektroautos. Quelle: Bloomberg New Energy Finance; McKinsey. An Integrated Perspective on the Future of Mobility, Part 3: Setting the Direction Toward Seamless Mobility, McKinsey Centre for Seamless Mobility, 2019.
Diese Entwicklungen werden nicht nur private Pkws betreffen – selbstfahrende Elektrofahrzeuge werden auch in den öffentlichen Personenverkehr Einzug halten. Dank besserer Konnektivität, einem höheren Grad an Automatisierung, der Zunahme gemeinschaftlich genutzter Beförderungsmöglichkeiten und der voranschreitenden Elektromobilität werden wir in der Lage sein, integrierte Verkehrssysteme zu schaffen, in denen Nutzer von Navigations-Apps und Ride-Hailing-Plattformen für nahezu jede denkbare Fahrt beliebig zwischen Zügen, Bussen, Car-Sharing, Bike-Sharing, E-Scootern, autonomen Shuttle-Bussen und anderen autonomen Fahrzeugen wählen können. Dadurch entsteht eine einfache, reibungslose Form der Mobilität.1
Die Möglichkeiten der Optimierung sind nicht nur auf die Personenbeförderung beschränkt. Durch die Entwicklung des E-Commerce hat sich die Zahl der versendeten Pakete stark erhöht, wodurch auch der Güterverkehr zugenommen hat. Lösungen wie urbane Konsolidierungszentren, Frachtpooling und Routenoptimierung tragen dazu bei, dies aufzufangen. Tests in den niederländischen Städten Nijmegen und Utrecht haben gezeigt, dass die gefahrenen Kilometer durch einen effizienteren Lkw-Einsatz um bis zu 45% reduziert werden können.2
1 Quelle: An Integrated Perspective on the Future of Mobility, Part 3: Setting the Direction Toward Seamless Mobility, McKinsey Centre for Seamless Mobility, 2019. 2 Quelle: An integrated perspective on the future of mobility, part 2: Transforming urban delivery, McKinsey Center for Business and Environment