Heike Fürpaß-Peter
Leiterin Lyxor ETF Deutschland & Österreich
Es ist oft interessant zu sehen, wie sich andere Anleger verhalten. Welchen Trends sie folgen oder welchen Ideen sie nachgehen. Ein großes Kundensegment bei ETFs sind institutionelle Anleger, wie zum Beispiel Fondsgesellschaften, Versicherungen oder auch Pensionskassen.
Hier kennt sich Heike Fürpaß-Peter besonders gut aus, denn sie leitet den Vertrieb an institutionelle ETF-Investoren in Deutschland und Österreich bei Lyxor in Frankfurt. Von ihr wollen wir wissen, welche Überlegungen diese Kunden gerade anstellen und welche Marktbewegungen sie allgemein sieht.
Heike Fürpaß-Peter: Im vergangenen Jahr hat der europäische ETF-Markt mit 870 Milliarden Euro investierten Geldes einen neuen Rekord aufgestellt. Der Zufluss in ETFs betrug dabei über 100 Milliarden Euro. Ganz vorne lagen ETFs auf festverzinsliche Wertpapiere bzw. Anleihen-Indizes. Und auch 2020 war gut angelaufen. Dazu trugen zunächst die sehr positiv laufenden Kapitalmärkte bei, die jetzt allerdings durch die Ereignisse rund um das Coronavirus bewegt werden. Generell sehen wir bei Großanlegern aber einen klaren Trend zu passiven Anlagen.
Warum nutzen institutionelle Anleger börsengehandelte Investmentfonds, sind die meisten doch groß genug, um Einzelentscheidungen zu treffen? Heike Fürpaß-Peter: Unsere Kunden investieren Gelder zum einen sehr langfristig und zum anderen auch kurzfristig, also taktisch. Hier spielt eine sehr große Rolle, dass ETFs sehr liquide sind. ETFs werden oft verwendet, um Marktbewegungen renditesteigernd zu nutzen oder auch Positionen abzusichern, wofür es speziell Short-ETFs gibt. Interessanter für Privatanleger sind die Überlegungen, die Großanleger bei einer strategischen Investition mit ETFs anstellen. Natürlich ist das der Preisvorteil, der sich langfristig auf die Rendite auswirkt. Daneben spielen aber auch operationale Kosten eine Rolle. Denn es ist natürlich oft einfacher und günstiger, eine einzelne ETF-Position zu erwerben als zum Beispiel eine Vielzahl an Aktien aus dem STOXX EUROPE 600- Index. Häufig werden ETFs dort eingesetzt, wo nicht die unmittelbaren Stärken der Investoren liegen oder es eine eigenständige Analyseabteilung gibt, die Einzeltitel beobachtet. Ein gutes Beispiel ist die Anlage in Schwellen-länder. Oder in Rohstoffe. Übrigens haben ETFs die Anlageentscheidung demokratisiert: Über einen ETF haben Privatanleger zum einen Zu-gang zu Märkten, die ihnen sonst oft verschlossen bleiben würden, und zum anderen können sie dies im Vergleich zu Investments über Einzeltitel zu den gleichen Konditionen wie institutionelle Anleger tun. Und das ist gut, denn beide Anlegergruppen haben das gleiche lang-fristige Ziel: breit gestreut eine auskömmliche Rendite zu erzielen.
Wenn Sie auf die Trends schauen: Welche Themen spielen für institutionelle Anleger eine Rolle? Heike Fürpaß-Peter: Neben der Anlage in Stand-ardindizes aus Kostengründen wie zuvor schon beschrieben, sind es die Themen Fixed Income und ESG, die institutionelle Investoren vermehrt umtreiben. Allein im vergangenen Jahr sind in Europa rund 54 Milliarden Euro in ETFs auf Anleihen-Indizes geflossen. Dabei spielte eine große Rolle, entweder das Portfolio weiter zu diversifizieren oder eine zusätzliche Rendite durch ein Investment in ETFs auf Unter-nehmensanleihen, US-Staatsanleihen, Anleihen aus Schwellenländern oder Hochzinsanleihen zu erzielen. Allerdings muss man wissen, dass Großanleger anders als Privatanleger häufig strikten Anlagebeschränkungen unterliegen. Das heißt, sie dürfen nur einen gewissen Pro-zentsatz des verantworteten Vermögens in zum Beispiel den Aktienmarkt investieren. Das dürfte die Anlage in Anleihen- ETFs auch in Zukunft zusätzlich antreiben. Der andere große Trend ist das Thema ESG, also Environmental, Social, Governance, auf Deutsch Umwelt, Sozialver-träglichkeit und Unternehmensführung. Schon 2019 stand dieser Trend zu Nachhaltigkeit klar im Fokus. Abzulesen war das an Zuflüssen von allein 16,5 Milliarden Euro und damit einer nahezu Verdopplung der in ESG-ETFs in Europa angelegten Mittel. Wir erwarten, dass dieser Trend nicht nur anhält, sondern sich noch stark steigern dürfte. Vielen Dank für Ihre Zeit, Frau Fürpaß-Peter!